Gesamtganzheit: Unterschied zwischen den Versionen
Aus Romano-Guardini-Handbuch
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* Direkte Vorbilder sind keine bekannt. Der Begriff der "Gesamtganzheit" in Bezug auf Gott, Welt und Mensch wird nach bisherigem Kenntnisstand von Guardini genuin verwandt. | * Direkte Vorbilder sind keine bekannt. Der Begriff der "Gesamtganzheit" in Bezug auf Gott, Welt und Mensch wird nach bisherigem Kenntnisstand von Guardini genuin verwandt. | ||
* Lediglich [[Othmar Spann]] verwendet - allerdings schriftlich nach Guardini und ohne Bezug zu ihm - 1935 den Begriff der Gesamtganzheiten synonym zum Begriff "Anfangsganzheiten" (Othmar Spann: Erkenne Dich selbst, Jena 1935 (Die Herdflamme: Ergänzungsbände, Band 6), S. 79) | |||
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* Im Italienischen greift [[Albino Babolin]] in seinem Beitrag "L´unificazione del sapere in Romano Guardini" | * Im Deutschen sind es vor allem [[Karl Wucherer-Huldenfeld]] und [[Wolfgang Seeger]], die sich im Rahmen ihrer Beschäftigung mit Guardinis Weltanschauungs- und Gegensatzlehre auch auf diesen von Guardini verwendeten Begriff beziehen. | ||
* Im Italienischen greift [[Albino Babolin]] in seinem Beitrag "L´unificazione del sapere in Romano Guardini" zu eine Philosophiekongress (Atti del XX Congresso nazionale di filosofia, Perugia 1965, 1967, S. 66) Guardinis Unterscheidungen auf und übersetzt dabei "Gesamtganzheit" - missverständlich - mit "totalità generale" (generelle bzw. allgemeine Totalität). [[Giuliano Riva]] kommt in seiner Arbeit über "Romano Guardini e la katholische Weltanschauung" (S. 74) zu einer Übersetzung mit totalità. Allerdings konstruiert er die noch missverständlichere Verknüpfung "totalità di sintesi" (Totalität der Synthese, synthetische Totalität) | |||
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Aktuelle Version vom 17. August 2025, 15:20 Uhr
Gesamtganzheit bzw. Gesamt-Ganzheit steht in Guardinis Weltanschauungslehre für jene drei "letzten" Ganzheiten, die im Bereich der weltlichen Erfahrung und Erkenntnis nicht mehr auf ein anderes zurückgeführt werden können: Gott, der Mensch (als Selbst) und die Welt. Mit Guardini kann man also folgende Axiome bilden:
- Die Welt als Gesamtganzheit liegt als Ganzheit im Einzelding und in den anderen beiden Gesamtganzheiten "Gott" und "Mensch als Selbst".
- Gott als Gesamtganzheit liegt als Ganzheit im Einzelding und in den anderen beiden Gesamtganzheiten "Welt" und "Mensch als Selbst"
- Der Mensch (als Selbst) als Gesamtganzheit liegt als Ganzheit im Einzelding und in den anderen beiden Gesamtganzheiten "Gott" und "Welt".
Verwendung in der Weltanschauungslehre
Guardini verwendet den Begriff ausschließlich und auch nur dreimal in seiner Berliner Antrittsvorlesung "Vom Wesen katholischer Weltanschauung" (1923, in: Unterscheidung des Christlichen - Band 1: Aus dem Bereich der Philosophie, (3)1994)
- S. 24: "Mir kommt es auf eine wesenhafte, letzte Bezogenheit an von Einzelding und Gesamtordnung. Und da ist, was Weltanschauung im Auge hat, jene letzte Einheit, darin Einzel- und Gesamtganzheit auf einander bezogen und mit einander gegeben sind. Darin besteht die "Welthaftigkeit" des Seins. Die Einzelwissenschaften nehmen das Ganze als ein letztes, aus der Zusammenfügung der Einzelheiten sich ergebendes Ziel. Ihr Fortschritt dorthin ist aber endlos; das Ziel nie zu erreichen. Die Weltanschauung hingegen hat dieses Ganze bereits im ersten Griff. Auch sie schreitet fort, aber nicht auf das Ganze hin, sondern nach innen; nach immer größerer Tiefe, Fülle und Klarheit innerhalb der sofort erfaßten, mindestens gemeinten Ganzheit."
- S. 28: Mit Welt "sollte fürs erste nur jene Ganzheit bezeichnet werden, der er gilt. Wo aber liegt diese Ganzheit? Sie liegt zunächst in jedem Einzelding, wenn es eben "welthaft" gesehen wird. Dann liegt sie in Gesamtganzheiten. Derer sind drei, sowenig sie im übrigen auf einer Linie stehen. Einmal die Ganzheit der Welt als Inbegriff der äußeren Dinge und Geschehnisse, wozu auch der Mensch seinem physischen Sein nach gehört. Dann der Mensch, insofern er eine geschlossene Einheit in sich selbst bildet und als Einzel-Ich und Gemeinschaft der Welt gegenübersteht. Endlich der absolute Grund und Ursprung von Welt und Mensch: Gott. Auf diese drei Gesamt-Ganzheiten richtet sich der Blick der Weltanschauung, und auf die Einzel-Wirklichkeiten, sofern sie jenen eingeordnet sind. Auf jede in sich selbst, und in ihrem Verhältnis zu den andern. Von jeder gibt es eine Erfahrungswissenschaft und eine Metaphysik. Von jeder auch eine "Weltanschauung"."
Vorbilder
- Direkte Vorbilder sind keine bekannt. Der Begriff der "Gesamtganzheit" in Bezug auf Gott, Welt und Mensch wird nach bisherigem Kenntnisstand von Guardini genuin verwandt.
- Lediglich Othmar Spann verwendet - allerdings schriftlich nach Guardini und ohne Bezug zu ihm - 1935 den Begriff der Gesamtganzheiten synonym zum Begriff "Anfangsganzheiten" (Othmar Spann: Erkenne Dich selbst, Jena 1935 (Die Herdflamme: Ergänzungsbände, Band 6), S. 79)
Rezeption
- Im Deutschen sind es vor allem Karl Wucherer-Huldenfeld und Wolfgang Seeger, die sich im Rahmen ihrer Beschäftigung mit Guardinis Weltanschauungs- und Gegensatzlehre auch auf diesen von Guardini verwendeten Begriff beziehen.
- Im Italienischen greift Albino Babolin in seinem Beitrag "L´unificazione del sapere in Romano Guardini" zu eine Philosophiekongress (Atti del XX Congresso nazionale di filosofia, Perugia 1965, 1967, S. 66) Guardinis Unterscheidungen auf und übersetzt dabei "Gesamtganzheit" - missverständlich - mit "totalità generale" (generelle bzw. allgemeine Totalität). Giuliano Riva kommt in seiner Arbeit über "Romano Guardini e la katholische Weltanschauung" (S. 74) zu einer Übersetzung mit totalità. Allerdings konstruiert er die noch missverständlichere Verknüpfung "totalità di sintesi" (Totalität der Synthese, synthetische Totalität)