Paul Fechter

Aus Romano-Guardini-Handbuch

Paul Fechter (1880-1958), Theater- und Kunstkritiker, Redakteur und Schriftsteller;

Biographie

  • 1905 Dr. phil. in Erlangen-Nürnberg;
  • Redakteurstätigkeiten bei den Dresdner Neuesten Nachrichten und der Vossischen Zeitung;
  • 1914 Autor des Buches „Der Expressionismus“;
  • nach dem Ersten Weltkrieg Feuilletonredakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung bis Herbst 1933;
  • gemeinsam mit Fritz Klein und Peter Bamm Gründung der Wochenzeitung „Deutsche Zukunft“ (Mitherausgeber bis 1940);
  • von 1933 bis 1952 gemeinsam mit Rudolf Pechel außerdem Herausgeber der „Deutschen Rundschau“;
  • von 1937 bis 1939 Redakteur des Berliner Tageblatts;
  • von 1937 bis 1941 Autor der monarchistischen Monatsschrift „Weiße Blätter“;
  • ab 1939 wieder Feuilletonsredakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung;
  • ab 1938 Mitglied der Berliner „Mittwochsgesellschaft“;
  • nach 1945 Autor im Feuilleton der Wochenzeitung „Die Zeit“;
  • 1954 (gemeinsam mit Joachim Günther) Gründer der Zeitschrift „Neue Deutsche Hefte“;

Biographische Bezüge und Archivalien mit Bezug zu Guardini

  • Paul Fechter: Romano Guardini, in: ders., An der Wende der Zeit. Menschen und Begegnungen, Gütersloh 1949,
    • S. 161: "Persönlich bin ich ihm um die gleiche Zeit begegnet. Den Anlaß weiß ich nicht mehr; ich hatte ihm, glaube ich, für den Fall, daß er einmal zu einem andern Publikum sprechen wollte, die Spalten der D.A.Z ., soweit sie mir unterstanden zur Verfügung gestellt; er machte bereitwillig von dem Angebot Gebrauch es kam zuerst zu einem wenn auch distanzierten Briefwechsel, dann zu einer Begegnung, draußen im Grunewald bei Eichkamp , wo er in einer der neuen Nachkriegssiedlungen in einer schmalen , im wesentlichen von unten nach oben entwickelten Wohnung hauste. Er hatte mich zum Abends essen eingeladen; wir waren allein, saßen in dem hellen, freundlichen, kleinen Zimmer im Erdgeschoß, dessen Farbigkeit eine durchaus untheologisch moderne Nuance hatte. Die ältere Haushälterin, die ihn betreute, brachte das Essen und den italienischen Wein den er glaube ich durch seinen Bruder bekommen hatte und dann ergab sich eigentlich von Anfang an ein Gespräch, das es verständlich machte, wenn dieser erste Besuch erst durch die Tatsache der Abfahrt des letzten Zuges ein Ende fand. Es begann bei Hölderlin und führte sehr bald zu Nietzsche, wobei sich die merkwürdige Tatsache ergab, daß der katholische geistliche Herr damals dem Phänomen Nietzsche viel weniger mißtrauisch und skeptisch gegenüberstand als ich, der Protestant mit der nur philosophischen Haltung zu Zarathustra und Dionysos. Seitdem sind wir uns des öfteren begegnet, und zwar auf Gebieten, die dem Professor der Theologie Romano [162] Guardini ziemlich fernzuliegen schienen. [...]"
    • S. 163 f.: "In dieser warmen Atelierbehaglichkeit nun erhob sich aus einem Sessel die schmale Gestalt des Professors [164] Guardini und begrüßte uns mit seinem freundlich guten Lächeln, das hier noch viel unmittelbarer und wärmer wirkte als auf dem Katheder. Ihm gegenüber hatte ein anderer Gast gesessen, etwa ebenso groß, ebenso schmal wie er, nur etwas straffer, gespannter in der Gestalt als Guardini, und von etwas schärferem, mehr auf Profil entwideltem Gesichtsschnitt. Es war der Architekt Mies van der Rohe, der spätere letzte Leiter des des Dessauer Bauhauses, einer der Feinsten und Begabtesten der jüngeren Generation, ein Mann von einer Sicherheit des Raum- und Proportionsinstinktes, daß sein Fortgehen nach Amerika zu den schwersten Verlusten zu rechnen ist, die das Reich durch Abwanderung erlitten hat." (Treffen im Atelier von Frau Scholz, der Frau des Malers und Graphikers Werner Scholz (1898-1982) zusammen mit Guardini und dem Architekten Mies van der Rohe, bevor dieser von 1930 bis 1932 zum letzten Direktor des Dessauer Bauhauses wurde)
    • S. 165: "Guardini gab damals mit Schmidthües und anderen zusammen die "Schildgenossen" heraus, die neben den ersten Jahrgängen von Karl Muths "Hochland" die kultivierteste und geistigste Zeitschrift waren, die der deutsche Katholizismus je besessen hat. Mitarbeiter waren Guardini selbst, Schmidthües als verantwortlicher Schriftleiter, Rudolf Schwarz, Ludwig Winterswyl, der später tragisch verunglückte, Heinrich Kahlefeldt [sic!], Carl Georg Heise und viele andere. Die Hefte brachten neben Aufsätzen und Buchproben Oden Claudels und Texte Newmans; sie hielten ein Niveau, wie es auf protestantischer Seite etwa die "Corona" hatte. Wer Guardinis Leistung für das Sichtbarmachen nicht nur der geschichtlichen, sondern der modernen Welt des Katholizismus einmal überschauen will, muß zu dieser Zweimonatsschrift greifen, die von 1920 an bis zu ihrem Ende im späteren Dritten Reich ebenso stark wie einst der "Brenner" der Zeit Theodor Haeckers gewirkt hat. Ende der zwanziger Jahre oder Anfang der dreißiger siedelte Guardini nach Zehlendorf über, in die Chamberlain-Straße, wo Rudolf Schwarz für ihn ein schönes, ausgezeichnet zu ihm passendes Haus gebaut hatte. Es war unauffällig und diskret, hatte etwas auf sich Zurückgezogenes und war zugleich mit dem großen, hellen, fast den ganzen Umfang des Hauses ausfüllenden, sonnigen Arbeitsraum im ersten Stock von einer herrlichen Freiheit und Weltoffenheit, die auch von der sonst immer etwas drückenden Nähe der Grunewaldkiefern nicht gestört wurde. In diesem Hause versuchte Guardini während des Dritten Reiches eine Art von regelmäßigen Gesprächen, eine Art von regelmäßigen Gesprächen, Begegnungen, Unterhaltungen seines Kreises und einiger Freunde zusammenzubringen. Ein- oder zweimal trafen wir uns, Schmidthües, Hilde Herrmann, eine kluge, temperamentvoll vitale Schriftstellerin, die seit langem auch an der Deutschen Zukunft mitarbeitete, Carl Georg Heise, Winterswyl, ein paar andere: dann mußten wir auf diese Zusammenfünfte verzichten. Guardini wurde beobachtet, wer bei ihm aus- und einging, ebenfalls. Die Verbindung von Geist und Katholizismus war nach 1933 noch verdächtiger als jede dieser Ingredienzien für sich allein. Wir trafen uns noch einmal in Lichtenrade, saßen, da es Sommer war, in dem damals noch nicht der Fenster beraubten Anbau , in dem später , als nur noch die Rahmen vorhanden waren und das von Flakgranatsplittern durchlöcherte Glasdach bereitwillig jeden Regen durchließ, die Mittwochsgesellschaft so gern ihre Abende verbrachte. Guardini saß am Lisch mit dem Blick in den abendlich besonnten Garten, der so ganz anders war als der Ausblick aus seinem Arbeitszimmer; er ließ sich von der Stille einspinnen und stellte schließlich fest, es sei wie ein Märchen, daß so etwas auch noch zu Berlin gehöre. Während der dreißiger Jahre habe ich Guardini kaum noch gesehen. Seine Vorlesungen hörten auf, seine Vorträge ebenfalls. Er war verdächtig wie alles, was Geist und geistig war. Einmal, es war schon im Kriege, traf ich ihn noch im Theater, im Komödienhaus am Schiffbauerdamm: er war stärker geworden, hatte ein volleres Gesicht bekommen - das Schmale, Knabenhafte von einst war wie von einem Schleier überdeckt; aber im Wesen war er der alte geblieben, voll Wärme, Freundlichkeit und unmittelbarem menschlichen Anteil. Es war unsere letzte Begegnung; bald darauf verließ er Berlin, wo ihm nun auch die ständigen Bombenangriffe das Arbeiten [167] unmöglich machten, und ging in ein Dorf im Allgäu, wo er bei einem Freunde die schlimmste Zeit in der Stille verbrachte. Nach der Katastrophe berief ihn die Universität Tübingen, von wo aus er 1948 nach München zog - zu alten Freunden und zu neuen Taten. Die aber sind heute mindestens so wesentlich und für die Zeit bedeutsam wie damals , als er in Berlin mit seinen Vorlesungen begann. In unserer jetzigen Epoche des Fragmentarischen ist Guardini einer der wenigen, die das Dasein weder in Bruchstücken noch in Sonderperspektiven , sondern in seiner Fülle und seinen vielfältigen Möglichkeiten als Ganzes von heute aus neu zu deuten versuchen. Das Neue , für die Gegenwart Neue in seiner Arbeit ist einmal das Wiedersichtbarmachen der verschiedenartigen Erkenntniskräfte, die dem Menschen gegeben sind , von der Phänomenschau und der Intuition, dem esprit de finesse und der logique du coeur Pascals bis zu den rationalen Möglichkeiten, die der Zeit immer noch die wichtigsten, entscheidenden scheinen. Sodann aber gibt er von dieser Sicht aus der christlichen Daseinsdeutung die Weite, die sie gerade heute mehr denn je braucht, indem er zeigt, wie sie alle einzelnen Betrachtungsweisen zu umfassen und in einer gültigen Gesamtsicht zu vereinen vermag. Er hat das eigentlich sein Leben lang getan; er weist es jetzt, die Ergebnisse seiner Arbeit zusammenfassend, in großen Bildern an großen religiösen Gestalten der Vergangenheit wie der Gegenwart auf, von Sokrates , Augustin und Dante bis zu Pascal, Dostojewskij, Hölderlin und schließlich Rilke — um so über dem Abstrakt-Geistigen die lebendigen Vorbilder sichtbar zu machen, die, jedes auf seinem Wege, diese legten Aufgaben jeweils an ihre Lösung heranzuführen versucht haben."
  • Paul Fechter: Menschen auf meinen Wegen, 1955 [neu aufgenommen] - [Monographie]/[Memoiren] - https://books.google.de/books?id=MCZKAAAAMAAJ; zu Romano Guardini:
    • S. 68f. (im Gespräch mit Gottfried Benn Bezug zu Romano Guardinis Rede von der „Wendung zum inhumanen Menschen“),
    • S. 98 (attestiert Guardini „eine völlig natürlich, unbetonte Weise“, katholisch zu sein);
    • Heidegger spricht, S. 110-120, zu Romano Guardini S. 112 („Guardini nennt ihn einen Bauern.“) und 117 („Guardini hat vollkommen recht mit der Art, wie er ihn sieht und verteidigt. Heideggers Schwierigkeit ist, daß er in der Tat einen Interpreten braucht, der seine Dreiseitigkeit (Dichtung - Philosophie - Kunst) in gleicher Weise durchschaut, sie aber einfach formuliert. Er selbst kann es nicht, weil er zugleich denkt und dichtet und am liebsten auch noch malte.“);
    • S. 307 (Fechter trifft Frau Worringer in Guardinis Dante-Vorlesung in Berlin);

Guardinis Beteiligung an der Festschrift für Paul Fechter zum 75. Geburtstag

Bibliographie zu Romano Guardini

15 Treffer von 1933 bis 1965;

  1. Im Kraftfeld Gottes. Romano Guardini: Der Mensch und der Glaube (Rezension zu: Guardini, Der Mensch und der Glaube), in: Deutsche Allgemeine Zeitung, Berlin 1933, 1. März, Literarische Beilage: Das Unterhaltungsblatt, S. 1 [Mercker 3086] - [Rezension] - [noch nicht online]
  2. Guardinis Hölderlin (Rezension zu: Guardini, Hölderlin. Weltbild und Frömmigkeit), in: Deutsche Zukunft. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Kultur, Berlin, 7, 1939, 41, 8. Oktober, S. 9-10 [Mercker 3391, bei Mercker versehentlich „1949“ statt „1939“] - [Rezension] - [noch nicht online]
  3. Romano Guardini, in: ders., An der Wende der Zeit. Menschen und Begegnungen, Gütersloh 1949, S. 159-167 (auch Berlin/Hamburg 1950) [Mercker 2732] - [Artikel]/[Memoiren] - https://books.google.de/books?id=so8-AAAAIAAJ;
    1. unter dem Titel „Begegnung mit Romano Guardini“, in: Die österreichische Furche, Wien, 7, 1951, 11 (10. März 1951), Beilage „Der Krystall“, S. 2 (im Kasten) [Gerner 286] - [Artikel]/[Memoiren] - [noch nicht online]
  4. Ein Glückwunsch für Romano Guardini, in: Die Neue Zeitung. Die amerikanische Zeitung in Deutschland, Frankfurt am Main/München/Berlin, 6, 1950, 39, 15. Februar, S. 7 [Mercker 2437] - [Artikel] - [noch nicht online]
  5. Romano Guardini, in: Deutsche Tagespost, Regensburg, 5, 1952, 116 (27. September 1952) [Mercker 2354, bei Mercker „Würzburg“ statt „Regensburg“???] - [Artikel] - [noch nicht online]
  6. Begegnungen mit Romano Guardini, in: Schwäbische Donauzeitung, Ulm, 8, 1952, 222 (25. September 1952), S. 7 (aus: „An der Wende der Zeit“) [Gerner 178] - [Artikel] - [noch nicht online]
  7. Geschichte der Deutschen Literatur, 1952 und 1954???, zu Romano Guardini S. 190, 192, (347), 504, (514), (573), (665) und (753) [neu aufgenommen] - [Monographie] - https://books.google.de/books?id=wBMZAAAAIAAJ (1952) und https://books.google.de/books?id=VJouAAAAMAAJ (1954);
  8. Der siebzigjährige Guardini, in: Neue deutsche Hefte. Beiträge zur europäischen Gegenwart, Gütersloh, 1, 1955, 11, S. 817-826 [Mercker 2453] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=r8IRAAAAIAAJ;
    1. Der siebzigjährige Guardini, in: Esslinger Zeitung, 85, 1955, 38 (16. Februar 1955), S. 2 [Gerner 183] - [Artikel] - [noch nicht online]
    2. Der siebzigjährige Romano Guardini (geboren am 17. Februar 1885), in: Heilbronner Stimme, Heilbronn, 10, 1955, 42 (19. August 1955), S. 9 [Gerner 184] - [Artikel] - [noch nicht online]
    3. Der siebzigjährige Guardini. Zum 17. Februar, in: Reutlinger General-Anzeiger, Reutlingen, 69, 1955, 37 (15. Februar 1955), S. 3 [Gerner 184] - [Artikel] - [noch nicht online]
    4. Die Welt des Religiösen sichtbar machen. Zum 70. Geburtstag von Romano Guardini, in: Stuttgarter Nachrichten, Stuttgart, Nr. 39 (17. Februar 1955), S. 2 [Gerner 185] - [Artikel] - [noch nicht online]
  9. Geistiges Berlin heute, in: Zeitschrift für Geopolitik, 26, 1955, S. 261-276, zu Romano Guardini S. 269 (Bezug zu: Guardini, Ende der Neuzeit) [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=7186AQAAIAAJ;
  10. Menschen auf meinen Wegen, 1955 [neu aufgenommen] - [Monographie]/[Memoiren] - https://books.google.de/books?id=MCZKAAAAMAAJ; zu Romano Guardini S. 68f., 98, 112, 117, 307;
  11. Kritik und Feststellung, in: Neue deutsche Hefte. Beiträge zur europäischen Gegenwart, Gütersloh, 1, 1955, S. 673ff., zu Romano Guardini S. 680 (Vergleich der Kunstausdeutung von Vincent van Gogh, Franz Marc und Romano Guardini bzgl. „Das Ende der Neuzeit“) [neu aufgenommen] - [Artikel] - https://books.google.de/books?id=r8IRAAAAIAAJ;
  12. Philosophie und Bekenntnis, in: Wetzlarer Neue Zeitung, 1965, 17. Februar [Mercker 2547] - [Artikel] - [noch nicht online]

Posthumer Kontakt von Guardini zu Fechters Tochter

  • Die Tochter verteidigte Fechter posthum gegen immer stärkere Kritik am Verhalten Paul Fechters im Nationalsozialismus von Seiten Kurt Hillers, Rudolf Pechels selbst sowie einer aktuellen Doktorarbeit und bat Romano Guardini, den von ihm geschriebenen und mehreren Gelehrten unterzeichneten Brief an Theodor Heuss verwenden zu dürfen. Guardini und seine Mitunterzeichner würdigten Paul Fechter mit der Bitte um Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, das Fechter 1954 auch erhielt.

Sekundärliteratur

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